JAPAN FILMFESTIVAL RECAP - PART 1
Auch dieses Jahr fand wieder das japanische Filmfestival statt und unsere Kollegin Laurien hatte die Möglichkeit, an allen Tagen teilzunehmen und in den Genuss von diversen Filmen zu kommen. In unseren dreiteiligen Blogeinträgen wird sie alle gesehenen Filme zusammenfassen und bewerten. Die Reviews entsprechen daher komplett ihrer persönlichen Meinung.
Wir danken dem japanischen Filmfest für diese tolle Chance und freuen uns bereits auf das nächste Festival!
Erneut wurden die Filme auf das Studio Kino und das Metropolis Kino aufgeteilt, nachdem am 18.06.25 “Wings of the Phoenix” im Metropolis den Auftakt machte. Alle im Blog erwähnten Filme wurden im Metropolis ausgestrahlt. Wer Interesse an der gesamten Auswahl hat, kann auf der Seite des JFFH vorbeischauen, denn dort sind sie aufgelistet.
SUMIKKO - 7/10
Hikaru und Hana treffen sich zufällig eines Tages im Park, als sie beide am Ende ihrer Kräfte sind. Hikaru versucht sich an einem Skript für einen Film, während Hana aufgrund ihrer Gesundheit eine Pause von Ihrem Job als Lehrer nimmt. Hana ergreift das Gespräch, welches ein wenig schleppend vorangeht, da es beiden schwerfällt, sich deutlich auszudrücken und sehr auf die Gefühle anderer bedacht sind. Ähnlich aber doch total unterschiedlich, sehen die zwei sich häufig wieder und auch wenn sie nicht deutlich über das reden, was in ihrem Leben vorgeht, merkt man, dass sie einander beeinflussen und helfen.
Während des Films erfahren wir, was außerhalb der Treffen mit den beiden geschieht. Sehr interessant ist hierbei die Kameraführung, die den Film so aussehen lässt, als sei eine dritte Person mit Handheld Kamera dabei. Ebenfalls auffällig ist, dass man den Hauptcharakter Hikaru für eine lange Zeit des Films nicht direkt sieht - erst als die Frustrationen und Gefühle der beiden platzen und es zum Höhepunkt des Films kommt, sieht man ihn. Fast so, als sei er in seinem Leben zum ersten Mal gesehen worden, da Hana jemanden in ihm findet, der ihr zum ersten Mal zuhört.
"SUMIKKO" ist kein actiongeladener Titel, es geht eher allmählich und ruhig voran und stellt die Emotionen der Protagonisten in den Vordergrund. Dennoch ist es eine spannende Reise, die am Ende des Films erst richtig zu beginnen scheint.
VAMPIRE HUNTER D: BLOODLUST - 6/10
D - halb Mensch, halb Vampir - ist ein berühmter Kopfgeldjäger, der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, die Geschöpfe der Nacht auszurotten. In "Bloodlust" wird er damit beauftragt, die junge Frau Charlotte aus den Fängen des Vampirs Meier Link zu befreien, doch was er nicht ahnt: die beiden sind ein Liebespaar. Selbst aus der Liebe von Mensch und Vampir entstanden, will D nicht, dass ein weiterer Dampeal wie er entsteht, der das gleiche Leid erfahren muss.
Er ist nicht der einzige auf der Jagd nach Meier und so folgen wir während des Films auch der Bande der Marcus Brüder. Es entsteht ein interessanter Konflikt; sind Vampire die einzigen Monster oder auch wir Menschen? Während des Films kann man nicht anders, als ein wenig zu hoffen, dass Meier und Charlotte es schaffen, gemeinsam zu entkommen.
Ein wuchtiger Soundtrack untermalt die düstere Atmosphäre des Films, der vor 2000er Vibes strotz. Von den Charakter Designs bis zu den Dialogen. Die englische Synchro glänzt mit einer wunderbaren Besatzung.
Auch wer mit dem Franchise vorher nicht vertraut war, wird dem Geschehen perfekt folgen können und kommt auf seine Kosten.
Interessant war es vor dem Film einige Gesprächsfetzen aufzuschnappen, in denen sich die Nachbarn darüber unterhielten, mit welchem Anime sie groß wurden und was besonders hängen blieb war die Aussage, dass Anime einfach zeitlos ist.
RENTAL FAMILY - 10/10
Yoko ist eine geschiedene Karrierefrau, der im Zuge ihres Jobs das Konzept von “Renting” nahegelegt wird. Was damit beginnt, jemanden dafür zu engagieren, ihre Wohnung ein wenig auf Vordermann zu bringen, geht darin über, einen Mann und eine Tochter “zu mieten”. Dahinter steckt ihre an Alzheimer erkrankte Mutter, die immer wieder nach Yokos Ex-Mann und ihrer Enkelin fragt. Als Yoko ihren Ex-Mann darum bittet, beim Geburtstag ihrer Mutter dabei zu sein, lehnt dieser ab und lässt Yoko ihre Tochter kaum noch sehen. Da sich Yokos Mutter nicht mehr genau an die Gesichter der beiden erinnert, ist es leicht, die Rollen von Schwiegersohn und Enkelin vorzuspielen.
Was eine einmalige Sache sein sollte, wird schnell zu einem Picknick im Park, gemeinsamen Besuchen im Krankenhaus und sogar Angeln und Grillen im Freien. Während des Films lernen wir nicht nur mehr über Yoko, sondern auch Go - ihrem Scheinmann - und Shuri - ihrer Scheintochter. Man kann schnell nachvollziehen, was die Drei an ihrer “neuen Familie” finden, denn ihre eigenen Umstände sind geprägt von Ablehnung und Vernachlässigung. Es gibt Andeutungen und Hinweise, doch vieles bleibt unausgesprochen - dennoch fällt es leicht, die Lücken zu füllen und sich vorzustellen, was die Charaktere bewegt und prägt. Und dass sie alle gemeinsames und neues Glück ineinander gefunden haben.
Ein wunderschöner Film, den die “Found Family” Trope perfekt und buchstäblich beschreibt und der zeigt, dass Fremde zu Familie werden können, während einem die eigene Familie fremd ist. Er ging mir persönlich sehr ans Herz und hätte zu gern gewusst, wie genau es für die Drei weitergeht. Doch dort wo es endet, erscheint es mir auch vollkommen und ich male mir das Beste für sie aus.
THE FIRST LOVE - 7/10
Ein knapp vier Minuten langer Film, der auf ein in Japan sehr bekannten Gedicht - "The First Love" - basiert. Beim ersten Schauen ein wenig verwirrend, da sich die Untertitel mit dem Gesprochenem widersprechen. Obwohl die Worte genau dem Gedicht entspringen, nimmt der Film nicht wie das Original ein Happy End.
Es gibt einem das Gefühl eines echten Gesprächs, das man am Anfang nicht ganz versteht und das erst klarer wird, wenn man ein zweites und drittes Mal darüber nachdenkt.
Nach dem Kurzfilm hatten wir die Chance, der Regisseurin, die als Gast vor Ort war, einige Fragen zu stellen. Dabei lernten wir unter anderem, dass das Gedicht von Schulkindern auswendig gelernt werden muss, dass es in Japan keine große Audienz für Kurzfilme gibt , dass Mayuna Imazato Soziologie studiert hat und auf Social Media eigene Gedichte postet. Es war eine sehr coole Chance, ein paar Worte mit ihr zu wechseln - schaut euch gern den Film an, denn er ist auf YouTube zu finden.
ELRATHIA - 4/10
Ein Film, über den man nicht sicher sagen kann, ob er nicht einfach nur skurril ist, oder ob ein tiefer Sinn dahintersteckt. Der introvertierte Kaguchi findet eines Tages in einem Geschäft das Fossil einen Trilobiten, das in ihm ein seltsames Gefühl von Vertrautheit gibt. Seither sieht er das Meer vor sich, fast so, als hätte er selbst dort gelebt. Zuerst behält er dies für sich und versucht sein Leben zu navigieren, doch man merkt schnell, dass auf ihm eine Last weilt, die es ihm schwer macht.
Diese Last will er seiner Freundin Maya aufbürden, die jedoch selbst wieder Fuß fassen und zurück zu ihrem Job will. Natürlich gefällt es ihr daher gar nicht, dass er sie nicht von Herzen unterstützen kann und es scheint, als würde die Beziehung nicht lange halten. Als er dann nicht nur Bilder des Meeres sieht, sondern auch noch eine Stimme zu ihm spricht und er auf eine seltsame Gestalt trifft, von der er Maya erzählt, will sie gar nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Während Kaguchi seinen Verstand zu verlieren scheint, klammert er sich weiter an Maya und will noch eine letzte Sache erledigen, bevor er sich von der Seele des Trilobiten einnehmen lässt.
Ein sonderbarer Film, der insbesondere gegen Ende Fahrt aufnimmt, aber auch gleichzeitig verliert. Ob man ihn mag oder nicht, man wird garantiert eine Weile an ihn denken.
Roadside - 5/10
Mit einer Spielzeit von knapp 20 Minuten ist "roadside" ein weiterer Kurzfilm, bei dem vier Leute gezwungen sind, am Straßenrand anzuhalten. Schnell erfährt man, dass sie aus Versehen eine Katze überfahren haben, die Tochter und Vater seltsamerweise “weinen” gehört haben, während der Fahrer nichts dergleichen wahrgenommen hat. Kurz glaubt man, dass der Film ins Übernatürliche abdriftet, allerdings wird diesen Bemerkungen nicht weiter Beachtung geschenkt. Während man auf Polizei und die Mutter unserer Hauptdarstellerinnen wartet (Mutter ist zum Kiosk gelaufen), sind alle Charaktere auf sich allein gestellt.
Über dem Film ist ein Schleier von Unruhe gelegt und man bleibt nervös, da man sich nicht sicher ist, was genau als nächstes passiert. Ein Telefonat und das Suchen deines Handys mögen trivial sein, doch im Zuge des Kurzfilmes werden sie zu größeren Events. Gelingt es der Frau, die Reservierung beim Restaurant abzusagen? Kann ihr Freund sich mit ihrem Vater aussprechen? Wann ist die Mutter zurück? Der Film schafft es, den männlichen Hauptcharakter dezent abzukapseln und einen Disconnect zu seiner Freundin und ihren Eltern zu erschaffen.
Am Ende verläuft alles gut, nur die Textnachrichten der Mutter wurden verpasst, sodass sie jede erdenkliche Getränkeoption aus dem Kiosk mitgenommen hat.
11 REBELS - 6/10
Es herrscht der brutale Boshin-Krieg in Japan und eine Truppe von Straftätern wird darin involviert, indem sie dazu beauftragt wird, eine Festung vor der Imperialistischen Armee zu verteidigen. Eine Wahl bleibt ihnen nicht, denn entweder erwartet sie der sofortige Tod für ihre Taten, oder aber sie ziehen auf zur Festung und erkämpfen sich ihre Begnadigung. Die zehn Banditen könnten nicht verschiedener sein - ein Mönch, ein Glücksspieler, eine Brandstifterin - diese Mission führt sie sowie eine Handvoll von Samurai zusammen. Bereits in der ersten Nacht geraten sie aneinander und unser Hauptcharakter Washio versucht die Flucht zu ergreifen. Dadurch entdeckt er jedoch den Trupp des Kaisers, der sich mitten in der Nacht auf dem Weg zur Festung gemacht hat. Der erste brutale Kampf von vielen beginnt, in dem einige unserer “Helden” mehr Einsatz zeigen als andere.
Natürlich entstehen so weitere Reibungen und man muss fürchten, dass die Rebellen durch ihre eigenen Hände und nicht die der Armee sterben. Die erste Schlacht gewinnen sie, doch schon bald entpuppt sich die Mission als Teil eines hinterlistigen Plans des Obersten Beraters des Shibata Clans. Wem schließen sie sich am Ende an? Dem Shogun oder dem Kaiser? Oder kämpfen sie doch einfach nur für sich selbst?
Der Film begeistert mit seinen zahlreichen Actionszenen und einem kraftvollem Soundtrack und Klangdesign. Definitiv ein Film, der für die große Leinwand gemacht ist. Das Originalskript wurde schon 1964 von Kazuo Kasahara geschrieben, doch der damalige Leiter von Toei Kyoto Studio - Shigeru Okada - war nicht mit dem Ende zufrieden. Ganze 60 Jahre später wurde das Projekt wieder aufgegriffen und von Kazuya Shiraishi wiederbelebt, der das Skript letztendlich auf die Leinwand brachte.
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